Der Große Brand in Laisa - 26. Juli 1868
Am 26. Juli 1868 ereignete sich in Laisa eine Feuerkatastrophe: Bei dem Großen Brand wurden die meisten Häuser im Dorf zerstört, Tiere starben, Menschen kamen zum Glück nicht ums Leben, viele verloren aber ihr Zuhause. Mit einem Gedenktag erinnert Laisa seitdem jedes Jahr am 26. Juli an diesen Großen Brand von 1868.
Die alte Laisaer Handdruckspritze von 1844 versagte ausgerechnet beim Brand 1868.
Sie ist bis heute erhalten geblieben.
"Feuer, Feuer!" hallte es durch das Dorf
Ein Augenzeugenbericht, der 1908 aufgeschrieben wurde, erzählt von der Laisaer Brandkatastrophe des Jahres 1868. Er stammt vermutlich von Jakob Mankel, einem gebürtigen Laisaer, der 1862 geboren wurde und später als Lehrer nach Weilburg zog:
„Der Sommer des Jahres 1868 war bis ein ungewöhnlich trockener und heißer gewesen. So kam der 26. Juli herbei. Es war ein Sonntag. Es war 4 Uhr nachmittags geworden. Da wurden die Bewohner aus dieser idyllischen Ruhe jäh aufgeschreckt. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel verbreitete sich die Schreckensnachricht in dem Dorfe, daß es in der Hofraite des Bürgermeisters Busch brenne. Schauerlich hallten die Rufe ‘Feuer! Feuer!‘ durch die stillen Straßen. Frauen sanken bei dieser Unglücksbotschaft in die Knie und falteten die Hände zum Gebet. Wimmernd erklangen jetzt auch die Glocken vom Turme herab. Eilfertige Meldereiter sprengten bereits auf schnellfüßigen Pferden zu den benachbarten Dörfern, um Hilfe herbeizuholen. Wie ein gehetztes Wild eilte alt und jung nach der Brandstätte.“
Ein Reisighaufen war in Brand geraten, das Feuer griff auf das Wohnhaus, auf Nachbarhäuser und schließlich auf fast das ganze Dorf über. Die Handdruckspritze von 1844 versagte ausgerechnet bei diesem Einsatz. Am Ende lagen 142 Häuser, Scheunen und Stallungen in Schutt und Asche. Nur 20 Gebäude blieben stehen, darunter Kirche und Schule. 253 Bewohner hatten ihr Obdach verloren. Menschen kamen nicht ums Leben, allerdings ein Pferd, vier Rinder, zwei Schweine, ein Schaf, 141 Hühner und 26 Körbe mit Bienen.
Der Gesamtschaden betrug rund 350 000 Mark, nur zwei Einwohner waren versichert. Es wurde ein Hilfskomitee gebildet, dem neben Bürgermeister Busch und Lehrer Schmidt auch Geschäftsleute aus der Region angehörten. In Zeitungen im ganzen Land wurde über das Unglück berichtet und um Hilfe gebeten. In noch Anzeigen vom 6. März 1869 im Frankfurter Journal und im Kreisblatt Biedenkopf heißt es: „Zum Wiederaufbau des Dorfes Laisa beabsichtigt der dasige Bauverein circa 10 000 Stück Dielen, zum Belegen der Fußböden und Dächer, und 12 Ctr. Drahtnägel anzukaufen, sodann 1600 Dachtrappen und 40 Haus- und Stubenthürschlösser anfertigen zu lassen. Hierauf Reflectirende wollen ihre Offerten bis zum 15. d. Mts. an den unterzeichneten Vorstand gelangen lassen. Laisa, am 1. März 1869. Der Vorstand des Bauvereins zu Laisa.“
Aus vielen großen Städten kamen Geld, Kleider und Nahrungsmittel, König Wilhelm von Preußen schenkte der Gemeinde 15 000 Mark, die Nachbardörfer halfen mit Hand- und Spanndiensten. Unter der Leitung von Lehrer Schmidt, dem dafür eine Gedenktafel am DGH gewidmet ist, wurde das Dorf so neu aufgebaut, dass die Straßen heute breiter und die Höfe weiter auseinander liegen, um einem Übergreifen von Feuer von einem Gebäude zum nächsten vorzubeugen.
Mit dieser Gedenktafel am unteren Eingang des Dorfgemeinschaftshauses erinnert
das Dorf Laisa an den Lehrer H. Schmidt, der nach dem Großen Brand von 1868
maßgeblich am Wiederaufbau des Dorfes beteiligt war
Baby schlief beim Brand in der Wiege
Auch die gebürtige Laisaerin Renate Henkel aus Rennertehausen kennt von ihrer Großmutter Katharine Wack geb. Seipp Erinnerungen an den Brand von 1868, die innerhalb der Familie weitererzählt wurden:
Als das Feuer an diesem 26. Juli 1868 in Laisa ausbrach, schlief der Vater von Renate Henkels Oma, Heinrich Ludwig Seipp jun., als Baby in der Wiege oben im Elternschlafzimmer des Bauernhauses. Die Familie wohnte damals in der Nähe des Bürgermeister-Hauses, von dem aus das große Feuer auf das Dorf übergriff. „Auch unser Haus wurde nicht verschont“, erzählt Renate Henkel von dem, was ihr ihre Großmutter einst berichtete. Die Familie sei aus dem Haus geflüchtet und habe noch schnell die Kühe aus dem Stall getrieben. Als das Feuer schon aus dem oberen Geschoss flammte, habe die Mutter plötzlich bemerkt, dass ihr Baby nicht draußen war. „Hat jemand meinen Kleinen gerettet, soll sie gerufen haben“, erzählt Henkel.
Die Familie hatte den Jungen vergessen, doch ins Haus konnte man nicht mehr gelangen, weil dort schon das Feuer wütete. „Im Haus meiner Vorfahren lebte zu dieser Zeit eine ledige Tante. Sie hatte zum Glück an das Baby gedacht, bevor sie das Haus verlassen hatte. Sie hatte den Jungen unter ihrer Rockschürze versteckt und mit nach draußen genommen.“
Renate Henkel hat auch noch ein altes Foto, auf dem dieses Baby als junger Mann von etwa 30 Jahren zu sehen ist. Das Kuriose: Als dieses Foto um 1902 aufgenommen wurde, lebte Heinrich Ludwig Seipp jun. schon nicht mehr. Er war von der Leiter gefallen und hatte sich das Genick gebrochen. Für das Foto stellte sich ein Nachbar neben Seipps Ehefrau Katharine, und später wurde von einem alten Foto der Kopf des richtigen Heinrich Ludwig Seipp ausgetauscht.
Heinrich Ludwig Seipp sen. war damals einer von zwei Laisaern, die gegen Feuer versichert waren, die Familie baute deshalb ein großes neues Haus, das heute noch in der Hainstraße steht (Hausname: „Schmerz“). Der Senior war von ca. 1880 bis 1900 Bürgermeister von Laisa.